Sonntag, 10. Mai 2009

Tag 20 (19.04.2009) - Museum Nasional

Neben dem Merdeka Square, in dessen Mitte das Monas steht, befindet sich das Museum Nasional, also das Nationalmuseum. Am besten kommt man dort mit dem Transjakarta der Route 1 (Koridor 1 – Blok M/Kota) hin, die Haltestelle heißt praktischerweise Monumen Nasional.
1817 von den niederländischen Besatzern im Kolonialstil errichtet, beherbergt der ursprüngliche Teil des Museums eine unüberschaubare Sammlung an Zeugnissen indonesischer Kultur, Masken, Tontöpfe, Schwerter, Kleider, Instrumente etc.). Auch eine Sammlung von typischen indonesischen Hütten im Miniaturformat kann bestaunt werden. Der moderne angebaute Teil enthält einige Schaukästen zur Menschheitsgeschichte (nein, wir stammen nicht vom Affen ab, auch wenn einige Anti-Islam-Konferenz-Teilnehmer diesen Verdacht untermauern; wir haben nur dieselben Vorfahren), Keramiken etc.
Am Eingang zahlt man 1.000 IDR (ca. 0,07 €) Eintritt und gibt seine Tasche ab. Wie überall in den Museen Jakartas ist Fotografieren tabu, es geht hier auch nicht um eventuelle Beeinträchtigungen durch Blitzlicht. Dies wäre unternehmerisch ja durchaus als clever anzusehen, würden Postkarten oder Fotografien mit den entsprechenden Motiven angeboten. Leider werden aber sowohl am Eingang als auch im Museumsshop – der allerlei Kitsch und auch ein paar interessante Geschichtsbücher enthält – nur überteuerte und schlechte Motive von Gebäuden in Jakarta angeboten. Dies ist besonders schade, da einige Ausstellungsstücke – gerade die aus Bali – sehr interessant sind und definitiv Lust auf mehr hervorrufen.
Diverse Kultureinrichtungen bieten Führungen in Englisch, Deutsch, Französisch und auch Japanisch an, die dafür eingerichteten Termine kann man unter anderen den Kleinanzeigen in der Jakarta Post entnehmen. Es ist natürlich dennoch etwas merkwürdig, wenn man gleich am ersten Ausstellungsstück, einer riesigen Karte von Indonesien, von einem Lehrer der Deutschen Internationalen Schule mit vielen kleinen Indonesiern im Schlepptau überholt wird und deutsche Töne mit bayerischen Akzent zu hören bekommt. Ansonsten hört man hier seltener deutsche Klänge außerhalb des Botschaftsgeländes, bei ca. 1.200 Deutschen auf ganz Jakarta verteilt, die meist im südlichen Stadtteil Kemang beheimatet sind, auch nicht besonders verwunderlich. Im Nationalmuseum selbst halten sich indonesische und ausländische Besucher so ziemlich die Waage. Interessant erscheint mir der Umstand, dass generell in Museen unter den indonesischen Besuchern der Anteil an Frauen haushoch überwiegt. Das Interesse an Kultur scheint hier eindeutig verteilt zu sein…
Da man als Europäer in Indonesien natürlich grundsätzlich auffällt und interessant ist, hatte ich nach weniger als zwei Minuten eine kleine Gruppe noch kleinerer Studenten an der Backe. Da man wie schon in einem der vorherigen Beiträge lesen konnte, ist man als Deutscher grundsätzlich recht beliebt in Indonesien. Das hat weniger damit zu tun, dass unsere niederländischen Nachbarn und Fußballrivalen hier wie die Barbaren gewütet haben, sondern beruht zum einen auf der erkennbaren Wertschätzung der deutschen Außenpolitik und vor allen Dingen der wahrgenommenen deutschen Aufbauhilfe, die hier vor allem durch die GTZ (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit) und Inwent vorangetrieben wird. Dass Deutschland unter Kanzler Schröder nicht bereit war, sich an dem völkerrechtswidrigen Krieg im Irak zu beteiligen, wird hier zusätzlich honoriert, darauf wird man tatsächlich oft angesprochen; dass der BND im Hintergrund dennoch ordentlich mitgemischt hat, ist hier kaum jemandem bewusst.
Indonesische Studenten zeichnen sich durch eine enorme Wissbegierde aus, was darin gipfelte, dass einer der Studenten alles, ja wirklich alles über Heidelberg wissen wollte. Auslöser dieses Interesses war ein Buch, dass er im Literaturkurs besprochen hatte, dessen Handlung zum Teil in Heidelberg spielt. Dass ich tatsächlich ein wenig über Heidelberg erzählen konnte, hat dann zu Begeisterungsstürmen geführt. Mit Hilfe der auf meinem Handy installierten mobilen Version der Wikipedia (passt mit 1GB auf praktisch jedes neuere Smartphone) konnte ich sogar sämtliche Fragen beantworten. Das Interesse an Deutschland im Allgemeinen ist auch ziemlich groß.
Nach der kleinen Fragestunde – tatsächlich knapp eine Stunde – habe ich mir dann hauptsächlich die Ausstellungsstücke aus Bali angesehen. Auf den ersten Blick wirken die traditionellen Masken und Gewänder schon ein wenig befremdlich und man fragt sich, wie Menschen nur auf so etwas kommen. Andererseits sind die Gewänder unserer Würdenträger der Kirchen, Anwälte, Richter etc. und unsere Karnevalsverkleidungen aber auch nicht wirklich weniger merkwürdig. An der Vielfalt der regional unterschiedlichen Masken, Kleidern etc. sieht man, wie vielfältig Indonesien ist. Bei einem 5.000 Km breiten Archipel mit 18.000 Inseln, von denen ca. 12.000 bewohnt sind, aber kein wirkliches Wunder.
Der neuere Teil des Museums enthält wie schon erwähnt Teile der Menschheitsgeschichte und aber auch interessante Dokumente zur Entwicklung der indonesischen Sprache Bahasa Indonesia (wörtlich übersetzt: Sprache Indonesien), die für viele Indonesier gar nicht die Muttersprache ist. Allein auf Java leben ca. 60 verschiedene Ethnien mit eigenen Sprachen. Bahasa Indonesia kann aber praktisch jeder Indonesier sprechen. Da man das Bürgermeisteramt in Indonesien nur dann bekleiden kann, wenn man dieser Sprache mächtig ist, kann in jedem Dorf also mindestens eine Person Indonesisch. Auch eine kleine Geschichte der Entwicklung des indonesischen Rechtssystems wird dargestellt, das Strafrecht zum Beispiel ist immer noch niederländischer Herkunft.
In dem Museum kann man durchaus Tage verbringen, nach ca. 3 Stunden war für mich aber auch wieder Schluss, da ich einerseits Hunger hatte, andererseits auch noch mein geliebtes Fitnessstudio besuchen wollte.
Wer europäisches Essen haben möchte, bekommt dies auf sehr ordentlichem Niveau im Harvey Nicols Social House in der East Mall des Grand Indonesia. Unter der Woche lohnt sich hier das Mittagsmenü mit einer Vorspeisensuppe (oder auch Salat) und Pizza oder Pasta nach Wahl für 72.000 IDR (ca. 5 €). Weinliebhaber kommen hier für 25 – 100 € pro Flasche auch auf ihre Kosten.
Den Tag habe ich dann mit dem Livestream der Bundeligaspiele ausklingen lassen, eine für mich als FC-Fan in dieser Zeit eher unerfreuliche Beschäftigung. Mittlerweile wissen wir ja, dass der FC praktisch gerettet ist, daher kann man dies wieder sorgenfrei genießen…

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